Lebensräume
Im
größten Teil des Verbreitungsgebietes sind Wanderfalken Felsbrüter. Sie finden
sich daher weltweit vor allem in Regionen mit Felsen. Wanderfalken in
bewaldeten oder großräumig Fels freien Gebieten finden sich in Deutschland nur in
Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Ebenfalls nur regional brütet die Art
als Bodenbrüter in großen Mooren, vor allem in Nordosteuropa; neuerdings auch
auf Nordseeinseln in den Dünen. In vielen Teilen der Welt, vor allem in Europa
und Nordamerika, haben Wanderfalken in den letzten Jahrzehnten auch hohe
Bauwerke als „Kunstfelsen“ besiedelt.
Wanderfalken
sind je nach Region Standvögel bis Langstreckenzieher. Die Neigung zum Wandern
nimmt nach Norden weiter zu. In Mittel-, Nord- und Osteuropa wandern insbesondere im
ersten Lebensjahr viele Wanderfalken nach West- und Südwesteuropa und
überwintern dort, die adulten Wanderfalken sind hier jedoch überwiegend
Standvögel. Die nordischen Wanderfalken (Unterart: calidus) sind
Langstreckenzieher. Sie ziehen bis Afrika, überwintern aber teilweise auch in
Südfrankreich und Spanien.
Beschreibung
Erwachsene Wanderfalken sind auf der gesamten Oberseite dunkel blaugrau. Die Unterseite ist auf weißem bis cremefarbenem Grund überwiegend dunkel quergebändert, nur der vordere Hals und die obere Brust sind sehr variabel leicht bis kräftig dunkel gefleckt oder gestrichelt. Kennzeichnend für die Art ist der sehr kräftige, schwarze Bartstreif, der von der hellen Kehle scharf abgesetzt ist. Die Iris der Augen ist dunkelbraun; Wachshaut, Augenring und Beine sind gelb, die Krallen sind schwarz.
Während die Färbung der Geschlechter sehr ähnlich ist, zeigen Wanderfalken einen ausgeprägten Geschlechtsunterschied hinsichtlich ihrer Körpergröße. Die kleineren Männchen (sog. „Terzel“) haben eine Körperlänge von etwa 35 cm und eine Flügelspannweite von etwa 80 cm; die größeren Weibchen erreichen eine Körperlänge von etwa 50 cm und eine Spannweite von über einem Meter. Mitteleuropäische Männchen wiegen in der Regel 550 bis 750 g, Weibchen aus diesem Raum etwa 740 bis 1300 g.
Das Flugbild des Wanderfalken ist typisch falkenartig mit einem kräftigen Rumpf, einem großen Kopf, relativ langen, spitzen Flügeln und einem mittellangen, leicht gerundeten Schwanz. Beste Erkennungsmerkmale sind die sehr dunkle Oberseite, die helle, quergebänderte Unterseite und der auch auf größere Entfernung erkennbare Bartstreif.
Die
Jungvögel unterscheiden sich erheblich von den adulten Vögeln. Junge
Wanderfalken sind auf der Oberseite schwarzbraun, alle Deckfedern sind hell
bräunlich gerändert. Die Unterseite ist auf rötlich braunem Grund dunkelbraun
längsgestreift. Der Backenstreif ist weniger kräftig als bei den adulten Falken
und hebt sich gegen die rotbraunen Kopfseiten viel weniger ab. Die Wachshaut
und der Augenring sind blaugrau; beim Küken ebenfalls die Beine. Wanderfalken
mausern ab dem Frühjahr des zweiten Lebensjahres, also im Alter von ca. 12
Monaten, in das Adultkleid und sind dann bald nicht mehr von den Eltern
unterscheidbar.
Jagdweise
Wanderfalken jagen fast ausschließlich Vögel im freien Luftraum. Da eine gedeckte Annäherung an die Beute hier nicht möglich ist, wird das Überraschungsmoment durch die Annäherung mit größtmöglicher Geschwindigkeit erreicht. Der Beute bleibt dann nur ein sehr kurzes Zeitfenster zur Reaktion.
Die
beiden wesentlichen Jagdtechniken sind der Steilstoß aus großer Höhe und der
Flachstoß von einer Warte. Beim Steilstoß kreist der Falke in größerer Höhe und
wartet auf Vögel, die unter ihm entlang fliegen. Der Falke geht dann in den
Sturzflug über, legt die Flügel an und kann dabei Geschwindigkeiten bis zu 300
km/h erreichen. Die Beute wird häufig allein durch den Aufprall getötet, falls
sie nur verletzt ist, tötet der Falke sie dann mit einem Biss ins Genick.
Beim
Flachstoß von einer Warte erfolgt die Annäherung an die Beute von hinten und
etwas versetzt unterhalb der Beute. Wanderfalken können jeden anderen Vogel im
Geradeausflug schnell einholen, hier stellt der Falke das Überraschungsmoment
also durch die schnelle Annäherung im „toten Winkel“ der Beute her. Der
Beutevogel wird dann von hinten und unten gegriffen. Manche Vögel können die
Annäherung des Falken rechtzeitig bemerken und lassen sich sofort fallen;
andere versuchen durch das Fliegen sehr enger Kurven zu entkommen. In
diesen Fällen ist der Falke aufgrund seiner zu geringen Wendigkeit meist
erfolglos.
Ernährung
Wanderfalken
fressen fast ausschließlich kleine und mittelgroße Vögel. Das Maximalgewicht
der Beute liegt bei etwa 500 Gramm, das entspricht etwa dem Gewicht einer
Ringeltaube oder einer Krähe. Die meisten Beutevögel sind jedoch deutlich
leichter. Welche Arten im Beutespektrum dominieren, hängt vom lokalen Angebot
ab. Wanderfalken jagen bis weit in die Dämmerung hinein; Fledermäuse sind daher
die einzigen regelmäßig erbeuteten Säugetiere. In Großstädten nutzen
Wanderfalken das große Kunstlichtangebot und jagen nachts durchziehende Vögel.
Fortpflanzung und
Lebensalter
Wanderfalken sind frühestens im zweiten Jahr geschlechtsreif. Etwa ab Januar beginnt die meist nicht sehr auffällige Balz damit, dass die Revierpartner dicht nebeneinander auf Warten sitzen und bei gutem Wetter zusammen über dem Revier kreisen. Etwa 6 Wochen vor der Eiablage beginnt das Männchen das Weibchen mit Beute zu versorgen; das Weibchen ist dann kaum noch aktiv.
Einige Wochen vor der Eiablage ist der Höhepunkt der Balz erreicht. Neben Beuteübergaben versucht der Terzel das Weibchen durch ein lautes „ackzicken“ in die ausgewählte Brutmulde zu locken.
Wanderfalken
bauen wie alle Falken keine Nester. Felsbrüter nutzen vorhandene kleine Höhlen
oder Felsbänder sowie verlassene Nester von anderen in Felswänden brütenden
größeren Vögeln. Baumbrüter nutzen verlassene Nester von anderen Greifvögeln,
Reihern oder Kolkraben. Die Eiablage erfolgt in Mitteleuropa ab Ende Februar
bis Anfang April. Das Gelege besteht
meist aus 3–4 dicht rot- oder gelbbraun gefleckten Eiern. Die Brutdauer beträgt
rund 30 Tage. Die Jungvögel fliegen mit ca. 40 Tagen aus; die Männchen in der
Regel etwas früher als die Weibchen. Die Jungvögel bleiben dann noch etwa 4 bis
6 Wochen im Revier der Eltern und wandern dann ab. Wanderfalken erreichen ein
Maximalalter von über 15 Jahren; jedoch erleben von den Jungvögeln lediglich
ein Drittel das fortpflanzungsfähige Alter.
Quelle: wikipedia
Foto: M. Delaunay, Sête
Foto: M. Delaunay, Sête
Foto: M. Geib